Sonntag, 16. Dezember 2007

Traumsymbole

Traumsymbole, verschieden gedeutet in verschiedenen
Schulen

„Träume sind Schäume“ betitelte P. Philipp Schmidt, J.P. in
einem vor Jahren weitverbreiteten Pamphlet seine Angriffe
gegen die Auswertung der Träume. In einer Zeit, die sich die
Entdeckungen Freuds, Adlers, Jungs u.a. längst zunutze gemacht
hat, überraschte Schmidt mit diesem längst überholten,
grundfalschen Slogan. Kein Vernünftiger wird ihm beipflichten,
wenn er zu behaupten wagt: „Jeder weiß, welch’ verworrenes
und ungereimtes, ja welch ‚tolles Zeug’ geträumt wird ...“
Wirr, ungereimt, toll für den Unkundigen, nicht für den
geschulten Therapeuten, dem sich daraus tiefste Einblicke in das
Seelenleben eröffnen. Traumas, Verdrängungen, Komplexe
geben sich in Bildern kund, Traumsymbole weisen nicht selten
den Weg zur Gesundung. Undenkbar eine moderne
Psychotherapie ohne Traumanalyse. Kein Wort davon bei P.
Philipp Schmidt, der bloß die Frage aufwirft: „Wie soll aus
diesem verworrenen Inhalt die Zukunft gedeutet werden?“
Nun um Zukunftsschau geht es ja nicht in erster Linie, sondern
zumeist um Innenschau auf tiefenpsychologischer Basis. Was
freilich nicht ausschließt, daß der Traum noch andere Gesichter
vermittelt, auch solche prophetischen Charakters. Doch davon
später. Vorerst sei gezeigt, wie grundverschieden die drei
großen Schulen die Traumsymbolik beurteilen.
Einem jungen Mann träumte, er liegt mit seiner Mutter im
Bette. Plötzlich wurde die Mutter immer größer, wuchs ins
Riesenhafte und nahm schließlich allen Raum ein, bis der Mann
zuletzt, völlig verdrängt, aus dem Bette fiel.
Nach Freud: Einwandfreier Ödipus-Komplex. Daß der
urgeheime Wunsch, das Verruchte nicht Tat wurde, dafür sorgte
der „innere Zensor“; denn selbst im Unterbewußten, selbst im
Traume ist, nach Freud, unseren unerlaubten Regungen eine
Grenze gezogen, analog unserem Gewissen, was später ein
anderer Traumforscher, der Arzt Dr. Wilhelm Stekel, ebenfalls
deutlich aussprach, dem der Traum, „der Strom der Seele ist, der
durch das Filter des Gewissens aus unerforschter Tiefe in die
Höhe steigt.“
Die Auswertung der Schule Adlers? - Von einem
widernatürlichen Trieb keine Spur. Machtstreben, Machtkampf
einzig und allein liegt diesem Traum zugrunde. Was insofern
stimmt, da - wie es sich herausstellte - die Mutter eine äußerst
energische Frau war, die die Alleinherrschaft im Hause führte
und keinen anderen Willen neben sich duldete.
Obzwar das System Adlers einen realen Kern aus dem Traum
herauszuschälen wußte, gibt sich die Methode Jungs damit nicht
zufrieden.
Nicht die Traumgestalt der leiblichen Mutter ist es, die den
Träumenden quält, - der Archetypus, das Urbild des
Mütterlichen an sich entstieg symbolhaft unterbewußten
Gründen. Das Mutterhafte in der eigenen Seele! Das
Muttergebundene des Mannes, der in den Tiefen seines
Unbewußten ein der Mutter bedürftiges Kind geblieben ist. -
Das Mutterhafte ist das treibende Moment in ihm, das ihn
vollkommen beherrscht, dessen er sich nicht erwehren kann.
Das Urhaft-Mütterliche ist in seinem Seelenraum zu groß
geworden und versucht ihn vollends zu verdrängen.
Dieser auf den ersten Blick scheinbar sexuell betonte Traum
symbolisiert in seiner letzten Folgerung demnach die
Muttergebundenheit des Träumers. Tatsächlich stand der an
einer schweren Neurose Erkrankte völlig unter dem Einfluß
seiner willensstarken Mutter. Ohne eigene Initiative,
unselbständig wie ein Kind, ließ er sich von ihr leiten, ließ sich
hegen und pflegen.
Dieser Traumvorgang hätte sich auch in einem anderen Bilde
offenbaren können, etwa dem einer immer größer werdenden
Spinne. Sie stellt in der Ursymbolik das Mütterliche dar, das
Eingesponnen-sein in das mütterliche Seelennetz.
Mannigfaltig ist die Sphinxnatur des Traumes, mannigfaltig
daher die Deutungsmöglichkeiten.
Seine Problematik ist kaum auszuschöpfen. Weder
individuelles Unterbewußtsein noch das kollektive Unbewußte
vermögen die letzten Rätsel des Traumgeheimnisses zu lösen.
So manches Traumbild heischt eine metaphysische Lösung, die
ihm aber die rationale Traumforschung versagen muß, will sie
ihr derzeitiges Lehrgebäude nicht erschüttern.
Unvoreingenommene Forscher setzten sich erfreulicherweise
über bestehende Vorurteile hinweg. Kühn stießen sie ins
Transzendentale vor. Ist für Freud der Traum die „via regia, die
königliche Straße zum Unbewussten“, so ist für den
hannoverianischen Nervenarzt Dr. Georg Lomer - der sich
aufgrund eigener Erlebnisse vom Materialisten zum Okkultisten
durchgerungen - der Traum „das erste Tor ins Jenseits“.
Mit dieser Erkenntnis befindet sich der exakte Mediziner völlig
im Einklang mit der esoterischen Forschung und bestätigt die
Ansicht C.W. Leadbeaters: „Was zuerst nur Traum erscheint,
kann das Portal sein, welches den Zutritt zu jenem höheren
Reich gestattet, wo allein wahre Vision möglich ist,“