Mittwoch, 26. Dezember 2007

Traumdeutung Von Freud zu Jung

Von Freud zu Jung
Sind wir nicht Bürger zweier Welten? - Leben nicht zwei
Wesenheiten in uns, sich bewegend auf grundverschiedenen
Erlebnis-Sphären? Beherrschen uns nicht zwei gesonderte
Bewußtseinszustände, die im Rhythmus von Schlaf und Wachen
ständig wechseln? –
Jede Nacht betreten wir das geheimnisvolle Reich des
Traumes, lassen uns von seinen Gaukelkünsten faszinieren,
beglücken, beunruhigen, quälen. Meist sind es nur kümmerliche
Fragmente, die wir herüberretten; mitunter ist es das dumpfe
Gefühl, irgend etwas habe sich ereignet, irgend etwas sei mit
uns vorgegangen. Oft fehlt auch dies. Verständlich, wenn
manche behaupten, noch nie im Leben geträumt zu haben.
Lange wurde der Traum als etwas Sinnloses, Wertloses
abgetan. Wer achtete schon seiner? Tat es jemand, so galt er für
rückständig, einfältig, abergläubisch. Wem aus der Reihe der
Wissenschaftler und aufgeklärter, gebildeter Laien wäre es
damals in den Sinn gekommen, der unverständlichen
Bildersprache des Traumes mit ihrem krassen Kunterbunt,
ernsthaft Bedeutung beizumessen? Mitleidigen Lächelns
überließ man die angebliche Entschleierung dieses Wirrwarrs
Okkultisten und sonstigen Phantasten. Jeder, der auf den
gesunden Menschenverstand schwur, fand es unter seiner
Würde, sich mit solchen Abfallprodukten eines kontrollos
arbeitenden Gehirnes zu beschäftigen. ‚Träume sind Schäume’,
hieß die Losung einer Zeit, die die menschliche Seele aus den
Hörsälen verwiesen hatte.
Mochte immerhin der allmächtige Zufall hartnäckig schwer
zu leugnende Zusammenhänge zwischen Traum und Tag-
Erleben aufzeigen, man achtete nicht darauf, wollte es einfach
nicht wahrhaben.
So ist es als wahrhaft kopernikanische Tat zu werten, daß der
1856 geborene Arzt Sigmund Freud den Mut aufbrachte,
entgegen der Meinung seiner Zeit, sich eingehendst mit dem
Traum und dessen Symbolik zu beschäftigen und die
Erfahrungen hieraus in seiner Praxis therapeutisch auszuwerten.
Damit war die Vormachtstellung des Wachbewußtseins
gebrochen. Erstmalig rückte das Unterbewußtsein in das
Blickfeld exakt-wissenschaftlicher Betrachtung, und der Traum
war der sicherste und nächste Weg zu diesen bisher kaum
betretenen Gefilden.
Freud erkannte den Traumzustand sehr richtig als Mittler
zwischen Wachdenken und Unbewußtem.
Leider kann dem Begründer der Psychoanalyse der Vorwurf
der Einseitigkeit nicht erspart bleiben. Das von ihm geschaffene
System wurzelt zu sehr im Nur-Sexuellen. Für ihn spricht aus
jedem Traum sinnliches Verlangen, sprachen heimliche, zumeist
nicht eingestandene oder gewaltsam verdrängte Wünsche
unserer Triebnatur.
Mit dieser Auffassung geriet er in Gegensatz zu seinem
vierzehn Jahre jüngeren Zeitgenossen und Schüler Alfred
Adler, dem Schöpfer der Individualpsychologie.
Huldigte Freud einem Pan-Sexualismus, sind es für Adler
Gegensätze zwischen dem Lust- und dem Realitätsprinzip,
zwischen der Libido und der Anpassung an Gesetz, Moral usw.,
- so führt letzterer alles auf den Gegensatz zwischen Wollen und
Können zurück; der Wille zur Macht einzig und allein ist es, das
Streben sich durchzusetzen.
Für Adler bedeutet also das Traumgeschehen die mehr oder
minder geglückte Erfüllung der Absichten des im Alltag
geduckten Machtbewußtseins. In jedem Falle ist das
Machtverlangen das Primäre, selbst dort, wo scheinbar
zweifelsfrei sexuelle Motive zutage treten; da ja für Adler auch
die gegenseitige Anziehung der Geschlechter ein Kämpfen, ein
Ringen ist um die Vormachtstellung. Sexuelle Potenz ist für ihn
ein Machtfaktor. In der Hauptsache jedoch hält er den Traum für
ein krankhaftes Produkt.
Bestimmt liegt einer großen Zahl von Neurosen, besonders in
jüngeren Jahren, nichterfülltes Geltungsstreben zugrunde. Der
richtig analysierte Traum vermag ohne weiteres die
krankmachenden Ursachen verborgener Seelentiefen
aufzuhellen; denn oft schildert er Situationen, die wir nicht
wahrhaben wollen. Nicht zu Unrecht spricht man von ihm als
einem Reinigungsprozeß der Seele. –
Wie sich nun Adlers Theorie in zahlreichen Fällen
bewahrheitet, bewährt sich auch Freuds Behauptung von der
Allmacht des Sexus, der Libido, bei vielen Individuen,
insonderheit bei niederen, trieb verhafteten Naturen. In den
ersten Jahren der Psychoanalyse mag dies sogar noch stärker
seinen Ausdruck gefunden haben. Die Menschen lebten in jenen
Tagen vor den beiden Weltbränden unbeschwerter, bar
drückender materieller Lasten. Der Großteil der Begüterten
damals neigte zu Wohlleben, Genußsucht und Verweichlichung.
Bezeichnend spricht man heute von der sogenannten
„Plüschkultur“ jener Zeitepoche, die zugleich ein Übermaß an
Muckertum, Scheinheiligkeit und Heuchelei hinter ihrer
untadelig scheinenden Moralfassade barg.
Mögen immerhin - besonders für den Durchschnittsmenschen
- Gier nach Befriedigung des Triebsinnlichen und der Wunsch
nach Erlangung von Einfluß und Macht eine das Traumleben
ständig speisende Quelle sein und ungezählte Nachtgesichte auf
dieser Basis ihre Enträtselung finden - zu vieles bleibt noch,
dem die beiden vorgenannten Motive nicht unterschoben werden
können, obgleich jene Schulen oft versuchen, auch diese
Traumkategorien in das Prokrustesbett ihrer Deutungsregeln zu
zwängen.
Dies Fehlende erkannte vor allem der Schweizer Arzt C.G.
Jung. Für ihn ist der Traum die Selbstdarstellung der aktiven
Lage des Unterbewußten in symbolhafter Form; und dieses
Unbewußte ist ihm nicht mehr nur Rumpelkammer, die Kloake
Freud’scher Schule, ihm ist es der Quellgrund, dem die Urbilder
entsteigen, die schöpferischen Kräfte eines großen „Innen“.
Während Freud und Adler nur von einem persönlichen
Unterbewußtsein sprachen, aus dessen Inhalt sich Träume
formen, prägte Jung bekanntlich den erweiternden Begriff vom
„Kollektiven Unbewussten“, auf ein Substrat, auf eine
Seelenschicht weisend, an der wir alle - über Rassen-, Kultur-
und Bewußtseinsunterschiede hinaus - gemeinsam Anteil haben.
Es handelt sich, mit Jungs Worten, „rein psychologisch
genommen - um gemeinsame Instinkte des Vorstellens und des
Handelns“. Dieses kollektive Unbewußte, mit seinen in ihm
ruhenden Urbildern, den oft zitierten Archetypen, seinen
Bewußtseinsinhalten an Menschheitserfahrung, den urtümlichen
Instinkt der Volks- und Familienseele usw. gestattet Jung und
seiner Schule schier unbegrenzte Möglichkeiten der
Traumauswertung.
Keineswegs jedoch leugnen sie die Verdrängungstheorie
ihrer Vorläufer. Ja, sie gehen sogar darüber hinaus. Nicht nur
Schlechtes, sagen sie, auch ungelebte Werte sinken hinab ins
Unbewußte. Nicht zu vergessen ferner die Bedürfnisse religiöser
Natur, wurzelnd im Urtrieb, vom modernen Menschen leider
vielfach verdrängt.
Obzwar Jung striktens sich verwahrte, sein System mit
Metaphysik in Beziehung zu setzen, schlug er ungewollt doch
die Brücke, die zwangsläufig dahin führt. Spricht nicht der
moderne Tiefenpsychologe Jungscher Prägung von einem
„Urwissen der Welt“, das durch die Erfahrungen jeder neu
hinzukommenden Generation an Bereicherung erfährt?
Von diesem großen Unbewußten besitzen wir alle einen Teil.
Wir schöpfen einfach aus dem gigantischen seelischen
Reservoir, vermöge jenes in uns wesenden kollektiven
Unbewußten.
Der Gedanke klingt nicht neu. Längst hat er in esoterischen
Lehren seinen Ausdruck gefunden. Denken wir nur an die
Gruppenseele. Auch diese sammelt und verwertet die Eindrücke
unzähliger Generationen und übermittelt dies Erfahrungsgut
ihrerseits wieder als das, was wir gemeinhin Instinkt nennen,
wie ich in meinem Buch über die Tierseele näher dargelegt
habe.
Als Parallele dazu kann bis zu einem gewissen Grade die
Akasha-Chronik der Theosophen, das „Gedächtnis des Logos“
angesprochen werden.
In ähnlichem Sinne der Paläontologe Prof. Dr. Edgar
Dacqué: „Wenn wir die Wege erkennen wollen, auf denen
mythisch schauende und wissende Menschen in die innere
Natursphäre eindrangen, die unserem Wachbewußtsein und
Intellekt so völlig unzugänglich ist, so müssen wir uns vor allem
über den letzten Rest dieser inneren Schau und dieses inneren
Gesichtes, das wir bei uns selbst noch finden, klar werden: das
ist der Traum und das Hellgesicht. Die Träume - das muß
festgehalten werden - kommen aus dem Unbewußten, sie
kommen aus dem Unterseelischen; sie sind nicht einfach
Erinnerungen und Kombinationen aus den Erlebnissen des
Tages, sind nicht nur von Leibreizungen verursacht, wenn sich
auch natürlich solche Träume, die eben mehr oberflächlicher Art
sind, stets einstellen.

Solche Tagesreste geben nur das Bildmaterial zu echtem tiefen,
aus dem Unterseelischen kommenden Wissen, und der
träumende Geist ... knüpft daran, jene tieferen Einblicke, die er
aus dem Unbewußten erhält, und die nun in dem reflektierten
Bewußtsein eben als Bilder und Bildkombinationen erscheinen
...“

Sonntag, 16. Dezember 2007

Traumsymbole

Traumsymbole, verschieden gedeutet in verschiedenen
Schulen

„Träume sind Schäume“ betitelte P. Philipp Schmidt, J.P. in
einem vor Jahren weitverbreiteten Pamphlet seine Angriffe
gegen die Auswertung der Träume. In einer Zeit, die sich die
Entdeckungen Freuds, Adlers, Jungs u.a. längst zunutze gemacht
hat, überraschte Schmidt mit diesem längst überholten,
grundfalschen Slogan. Kein Vernünftiger wird ihm beipflichten,
wenn er zu behaupten wagt: „Jeder weiß, welch’ verworrenes
und ungereimtes, ja welch ‚tolles Zeug’ geträumt wird ...“
Wirr, ungereimt, toll für den Unkundigen, nicht für den
geschulten Therapeuten, dem sich daraus tiefste Einblicke in das
Seelenleben eröffnen. Traumas, Verdrängungen, Komplexe
geben sich in Bildern kund, Traumsymbole weisen nicht selten
den Weg zur Gesundung. Undenkbar eine moderne
Psychotherapie ohne Traumanalyse. Kein Wort davon bei P.
Philipp Schmidt, der bloß die Frage aufwirft: „Wie soll aus
diesem verworrenen Inhalt die Zukunft gedeutet werden?“
Nun um Zukunftsschau geht es ja nicht in erster Linie, sondern
zumeist um Innenschau auf tiefenpsychologischer Basis. Was
freilich nicht ausschließt, daß der Traum noch andere Gesichter
vermittelt, auch solche prophetischen Charakters. Doch davon
später. Vorerst sei gezeigt, wie grundverschieden die drei
großen Schulen die Traumsymbolik beurteilen.
Einem jungen Mann träumte, er liegt mit seiner Mutter im
Bette. Plötzlich wurde die Mutter immer größer, wuchs ins
Riesenhafte und nahm schließlich allen Raum ein, bis der Mann
zuletzt, völlig verdrängt, aus dem Bette fiel.
Nach Freud: Einwandfreier Ödipus-Komplex. Daß der
urgeheime Wunsch, das Verruchte nicht Tat wurde, dafür sorgte
der „innere Zensor“; denn selbst im Unterbewußten, selbst im
Traume ist, nach Freud, unseren unerlaubten Regungen eine
Grenze gezogen, analog unserem Gewissen, was später ein
anderer Traumforscher, der Arzt Dr. Wilhelm Stekel, ebenfalls
deutlich aussprach, dem der Traum, „der Strom der Seele ist, der
durch das Filter des Gewissens aus unerforschter Tiefe in die
Höhe steigt.“
Die Auswertung der Schule Adlers? - Von einem
widernatürlichen Trieb keine Spur. Machtstreben, Machtkampf
einzig und allein liegt diesem Traum zugrunde. Was insofern
stimmt, da - wie es sich herausstellte - die Mutter eine äußerst
energische Frau war, die die Alleinherrschaft im Hause führte
und keinen anderen Willen neben sich duldete.
Obzwar das System Adlers einen realen Kern aus dem Traum
herauszuschälen wußte, gibt sich die Methode Jungs damit nicht
zufrieden.
Nicht die Traumgestalt der leiblichen Mutter ist es, die den
Träumenden quält, - der Archetypus, das Urbild des
Mütterlichen an sich entstieg symbolhaft unterbewußten
Gründen. Das Mutterhafte in der eigenen Seele! Das
Muttergebundene des Mannes, der in den Tiefen seines
Unbewußten ein der Mutter bedürftiges Kind geblieben ist. -
Das Mutterhafte ist das treibende Moment in ihm, das ihn
vollkommen beherrscht, dessen er sich nicht erwehren kann.
Das Urhaft-Mütterliche ist in seinem Seelenraum zu groß
geworden und versucht ihn vollends zu verdrängen.
Dieser auf den ersten Blick scheinbar sexuell betonte Traum
symbolisiert in seiner letzten Folgerung demnach die
Muttergebundenheit des Träumers. Tatsächlich stand der an
einer schweren Neurose Erkrankte völlig unter dem Einfluß
seiner willensstarken Mutter. Ohne eigene Initiative,
unselbständig wie ein Kind, ließ er sich von ihr leiten, ließ sich
hegen und pflegen.
Dieser Traumvorgang hätte sich auch in einem anderen Bilde
offenbaren können, etwa dem einer immer größer werdenden
Spinne. Sie stellt in der Ursymbolik das Mütterliche dar, das
Eingesponnen-sein in das mütterliche Seelennetz.
Mannigfaltig ist die Sphinxnatur des Traumes, mannigfaltig
daher die Deutungsmöglichkeiten.
Seine Problematik ist kaum auszuschöpfen. Weder
individuelles Unterbewußtsein noch das kollektive Unbewußte
vermögen die letzten Rätsel des Traumgeheimnisses zu lösen.
So manches Traumbild heischt eine metaphysische Lösung, die
ihm aber die rationale Traumforschung versagen muß, will sie
ihr derzeitiges Lehrgebäude nicht erschüttern.
Unvoreingenommene Forscher setzten sich erfreulicherweise
über bestehende Vorurteile hinweg. Kühn stießen sie ins
Transzendentale vor. Ist für Freud der Traum die „via regia, die
königliche Straße zum Unbewussten“, so ist für den
hannoverianischen Nervenarzt Dr. Georg Lomer - der sich
aufgrund eigener Erlebnisse vom Materialisten zum Okkultisten
durchgerungen - der Traum „das erste Tor ins Jenseits“.
Mit dieser Erkenntnis befindet sich der exakte Mediziner völlig
im Einklang mit der esoterischen Forschung und bestätigt die
Ansicht C.W. Leadbeaters: „Was zuerst nur Traum erscheint,
kann das Portal sein, welches den Zutritt zu jenem höheren
Reich gestattet, wo allein wahre Vision möglich ist,“

Luzide Träume 7

Ein Modell der Wirklichkeit
Es gibt ein interessantes Realitaets-Modell, welches zur Einordnung der
Traumwelten besonders gut geeignet ist: das Modell von Castaneda bzw. seinem
Lehrer Don Juan. Das will ich hier kurz vorstellen, ausfuehrlich nachzulesen
ist es in [3,5,6]. Folgendes sei daraus zitiert:

Don Juan ueber Wahrnehmung
1. Das Universum ist eine unendliche Ansammlung von Energiefeldern, die duennen
Lichtfasern gleichen
2. Auch die Menschen bestehen aus einer unendlichen Zahl von faserfoermigen
Energiefeldern. Diese Emanationen bilden ein abgeschlossenes
Agglomerat, das sich als Lichtkugel von der jeweiligen Koerpergroesse einer
Person darbietet: wie ein grosses leuchtendes Ei, mit seitwaerts gestreckten
Armen
3. Nur ein sehr kleines Spektrum von Energiefeldern im Innern dieser leuchtenden
Kugel wird erhellt, und zwar von einem intensiv leuchtenden Punkt, der sich an
der Oberflaeche der Kugel befindet
4. Wahrnehmung findet statt, sobald die Energiefelder dieses kleinen,
unmittelbar an den leuchtenden Punkt angrenzenden Spektrums ihr Licht aussenden,
um identische Energiefelder ausserhalb der Kugel zu erhellen. Weil nur jene
Energiefelder wahrnehmbar sind, die durch den leuchtenden Punkt erhellt werden,
bezeichnet man diesen Punkt als 'Punkt, wo die Wahrnehmung montiert wird', oder
kurz als *Montagepunkt*
5. Der Montagepunkt kann aus seiner gewohnten Position an der Oberflaeche der
leuchtenden Kugel in eine andere Position an der Oberflaeche oder im Innern der
Kugel verschoben werden. Weil das Leuchten des Montagepunktes alle
Energiefelder, die es beruehrt, erhellen kann, wird der Montagepunkt, sobald er
sich in eine neue Position bewegt, sofort neue Energiefelder erhellen und mithin
wahrnehmbar machen. Diese Wahrnehmung bezeichnet mal als *Sehen*
6. Sobald der Montagepunkt sich verschiebt, ermoeglicht er die Wahrnehmung einer
ganz anderen Welt, die ebenso faktisch und objektiv ist wie die Welt, die wir
normalerweise wahrnehmen. Der Zauberer kann in jene andere Welt gehen, um sich
dort Energie und Loesungen fuer allgemeine und besondere Fragen zu holen -
oder um das Unvorstellbare zu schauen
7. Die Zauberer streben nach dem Ziel, einen Zustand absoluter Bewusstheit zu
erreichen, um alle Moeglichkeiten der Wahrnehmung zu erfahren, die uns Menschen
offenstehen. Zu diesem Bewusstseinszustand gehoert sogar eine andere Art zu
sterben.
Auch gewisse praktische Kenntnisse gehoerten zu der Lehre ueber die Beherrschung
des Bewusstseins. So lehrte Don Juan mich die notwendigen Methoden, um den
Montagepunkt zu bewegen. Zu diesem Zweck hatten die Zauberer alter Zeiten zwei
grosse methodische Systeme ersonnen: das *Traeumen*, naemlich die Kontrolle und
praktische Nutzung der Traeume; sowie das *Pirschen*, naemlich die Kontrolle des
Verhaltens [in der Alltagswelt]
[das war jetzt mal ganz grob die Erklaerung der Wahrnehmung. Jetzt zu den
Traeumen, praegt Euch dazu Punkt 4 bis 6 genau ein]

Don Juan und das Traeumen
Eine grosse Entdeckung der alten Zauberer war, dass der Montagepunkt [Mp] sich
im Schlaf sehr leicht verschiebt. Dies fuehrte sie zu einer weiteren Erkenntnis:
dass die Traeume durchaus etwas mit dieser Verschiebung zu tun haben. Die alten
Zaeuberer *sahen*: je groesser die Verschiebung, desto ungewoehnlicher der Traum
- und umgekehrt. Deshalb ersannen sie raffinierte Techniken, um eine
Verschiebung des Montagepunktes zu erzwingen. So nahmen sie etwa Pflanzen ein,
die veraenderte Bewusstseinszustaende hervorrufen koennen; sie setzten sich
Zustaenden wie Hunger, Erschoepfung oder Stress aus; und sie suchten vor allem
ihre Traeume zu kontrollieren. Auf diese Weise, und vielleicht ganz
unwissentlich, begruendeten sie die Kunst des Traeumens. [..]
Die Zauberer betrachten das *Traeumen* als eine hochentwickelte Kunst. Naemlich
die Kunst, den Mp absichtlich aus seiner ueblichen Position zu verschieben, um
den Bereich dessen zu steigern und zu erweitern, was der Mensch wahrnehmen kann.
Die alten Zauberer gruendeten diese Kunst auf fuenf Bedingungen, die sie im
Energiefluss menschlicher Wesen *sahen*.
Sie *sahen* erstens, dass nur jene Energiefasern, die direkt durch den Mp
hindurchgehen, zu kohaerenten Wahrnehmungen zusammengesetzt werden koennen.
Sie *sahen* zweitens, dass - wenn der Mp in eine andere Position verschoben
wird, und sei die Verschiebung noch so gering - andere und ungekannte
Energiefasern durch ihn hindurchgehen, die das Bewusstsein aktivieren; dadurch
kommt es zu einer Zusammensetzung dieser ungekannten Energiefelder zu einer
klaren, kohaerenten Wahrnehmung.
Sie *sahen* drittens, dass der Mp - bei gewoehnlichen Traeumen - sich leicht von
selbst in eine andere Position an der Oberflaeche oder im Innern der leuchtenden
Eigestalt verschiebt.
Sie *sahen* viertens, dass der Mp veranlasst werden kann, sich in Positionen
ausserhalb der leuchtenden Eigestalt zu bewegen: in die Energiefasern des
gesamten Universums.
Und die *sahen* fuenftens, dass es durch Disziplin moeglich ist, im Schlaf, bei
gewoehlichen Traeumen, eine systematische Verschiebung des Montagepunktes zu
erreichen und einzuueben [!!!]

Luzide Träume 6

Gefahren luzider Traeume
Je klarer die luziden Traeume werden und je laenger die Phasen dauern, desto
schwerer kann es werden, zwischen Traum und Alltagswelt zu unterscheiden. Man
sollte schon einigermassen fest in der Alltagswelt stehen, sonst koennte man
den Boden unter den Fuessen verlieren (was frueher oder spaeter aber
wahrscheinlich sowieso passiert :-)
Man kann sich in die Erforschung der Traumwelten ziemlich reinsteigern, also
Vorsicht. Wer sich oefters in diesen Welten aufhaelt, sollte sich auf alle
Faelle mal zu Gemuete fuehren.

Luzide Träume 5

Verlängern der luziden Phasen
Hier ist zu unterscheiden zwischen Techniken, die man waehrend eines LT's
einsetzt, um ein Rausfliegen zu verhindern, und Techniken, um im
Alltagszustand genuegend Energie fuer luzide Traeume sammeln zu koennen.
a) Techniken im luziden Zustand:
Man kann versuchen, bewusst Einfluss nehmen auf die Helligkeit im Traum. Grob
gesagt, je heller, desto laenger dauern dann die luziden Phasen, habe ich
festgestellt (natuerlich nur, wenn man die Regeln einhaelt, um nicht
vorzeitig rauszufliegen).
Wenn man merkt, dass sich die Traumwelt aufloest, kann man sich auch schnell
mit geschlossenen Augen um die eigene Achse drehen, mit etwas Glueck landet
man in einer neuen luziden Welt. Hat sich bei mir allerdings nicht gut
bewaehrt, ich fliege meistens trotzdem raus.
Wenn man direkt nach einer luziden Phase aufwacht, sollte man sich bewusst
sein, dass man moeglicherweise noch nicht in der Alltagswelt aufgewacht ist!
Dieser Effekt kann sogar mehrfach auftreten. Man sollte in einer solchen
Situation einen Realitaets-Test machen, was nicht ganz einfach ist, denn das
Aufwachen wirkt gewoehnlich *sehr* real, oft ist auch die Welt ueberhaupt
nicht verschwommen. Ein bisher immer gueltiges Kriterium, das ich fand,
ist das Gefuehl beim Aufstehen. Schwer zu beschreiben, aber das Koerpergefuehl
ist einfach anders. Ansonsten faellt mir nur noch die Kontinuitaet der Zeit
ein: je laenger die kontinuierliche Ereigniskette ist, an die man sich seit
dem Aufstehen erinnern kann, desto wahrscheinlicher ist man in der
Alltagswelt. Man sieht, luzide Traeume koennen ziemlich verwirrend und
gefaehrlich werden, wenn man nicht mehr zwischen Alltagswelt und LT's
unterscheiden kann !
Nachtrag: vor kurzem habe ich noch einen anderen Realitaets-Test ausprobiert,
der relativ sicher zu sein scheint: man haelt sich die Nase zu und atmet ein
(bei geschlossenem Mund). Wenn es keine Schwierigkeiten beim Atmen gibt, ist
man im Traumkoerper. Vorteil dieser Technik: man braucht dazu keine grosse
Konzentration, sie ist schnell und simpel auszufuehren, und funktioniert auch,
wenn man in voelliger Dunkelheit 'aufwacht'.
b) Verhaltensweisen in der Alltagswelt:
man kann durch obige Techniken luzide Phasen nur bis zu einem gewissen Grad
verlaengern, denn irgendwann ist die Traumenergie einfach erschoepft. Die
Frage ist, durch welche Verhaltensweisen in der Alltagswelt kann man
Traumenergie ansammeln und welche Handlungen brauchen Traumenergie auf ?
Dieses Gebiet ist noch ziemlich unerforscht, und jeder von euch ist
aufgefordert, eigene Experimente zu unternehmen. Ein guter Einstiegspunkt
sind sicher Carlos Castanedas Buecher (besonders [2]). Die Anweisungen, die er
von Don Juan erhaelt, zielen groesstenteils darauf ab, Energie zum Traeumen
freizusetzen, die gewoehnlich an andere Dinge gebunden ist (zb das Klammern
an materielle oder soziale Werte). Die diesbezueglich wichtigste Technik, die
er beschreibt, ist die Rekapitulation des Lebens [3]. Ziel dabei ist es,
saemtliche Energie, die man in frueheren Erlebnissen zurueckgelassen hat,
wieder einzusammeln. Dadurch werden die Erlebnisse sozusagen emotions-neutral
gemacht. In letzter Konsequenz fuehrt diese Technik zur Aufloesung der
Vergangenheit, die Erinnerungen werden sozusagen freigegeben, und das Ego
wird kleiner bzw. verschwindet ganz. Das kann auch ziemlich furchterregend
sein...

Luzide Träume 4

Stabilisieren der luziden Welt
Ist man in der Traumwelt luzid geworden, sollte man ein paar Regeln einhalten,
um nicht gleich wieder rauszufliegen (also aufzuwachen oder in einen
nicht-luziden Traum abgleiten).
1. Emotional weitgehend unbeteiligt bleiben !
Das geht los beim luzid werden: gerade
Anfaenger freuen sich gewoehnlich sehr darueber und werden sehr aufgeregt
(toll, ich bin luzid !) und fliegen deshalb recht schnell wieder raus. Im Lauf
der Zeit sollten luzide Traeume zu etwas 'Normalem' werden, man sollte also
waehrend dem Zustand nicht davon beeindruckt sein. Hat man den ersten
Augenblick ueberstanden, kommen die naechsten Huerden: saemtliche
menschlichen Triebe haben im luziden Zustand eine groessere Macht ueber uns
als in der Alltagswelt, weil die sozialen Filter wegfallen. Es ist deshalb
nicht leicht, sinnvolle Aktionen durchzufuehren, man wird schnell abgelenkt.
Der Traumkoerper muss erstmal etwas diszipliniert werden, er darf sich
nicht einfach wie ein Blatt im Wind bewegen, sondern sollte unserem Willen
gehorchen. Das erfordert viel Uebung. Hilfreich ist, wenn man sich schon
vorher ueberlegt hat, was genau man im naechsten luziden Zustand machen
will. Manchmal (bei weitem nicht immer) erinnert man sich dann daran und
kann halbwegs nach einem Plan vorgehen. Wer Probleme hat, sich im Traum an
die Ziele, die man sich im Wachzustand gesetzt hat, zu erinneren, kann sich
ein Sigill auf seine Hand malen (mit dem Inhalt der geplanten Aktionen) und
es dann in sein Unbewusstes versenken. Der Traumkoerper wird das Sigill auf
seiner Hand sehen und es ohne Probleme verstehen, sprich in die gewuenschten
Handlungen umsetzen.
Faustregel: starke emotionale Beteiligung kostet viel Traumenergie und
fuehrt fast immer zu einem vorzeitigen schnellen Ende der luziden Phase.
Ganz deutlich merkt man das bei sexuellen Aktivitaeten in einem LT. Solchen
Dingen also moeglichst aus dem Weg gehen, auch wenn's schwerfaellt :-)
2. Nichts laengere Zeit fixieren !
Die meisten Traumwelten haben die Angewohnheit, fluechtiger als die
Alltagswelt zu sein. Man hat oft das Gefuehl, nicht richtig sehen zu
koennen, weil es verschwommen oder dunkel ist. Das bedeutet, die Wahrnehmung
ist nicht voll auf diese Welt eingestellt. Jetzt darf man einen Fehler nicht
machen: einen Gegenstand der Umgebung fuer laengere Zeit fixieren, um ihn
scharf gestellt zu bekommen. Man fliegt naemlich dann gewoehnlich raus aus
dem Traum, die Welt loest sich auf. Um seine Umgebung zu erkunden, sollte
man besser die Technik des Anhaltepunktes verwenden: man sucht sich einen
Gegenstand der Umgebung als Ausgangspunkt aus, zu dem man regelmaessig
wieder zurueckkehrt zwischen dem Betrachten anderer Gegenstaende. Jeder
Gegenstand wird nur fluechtig angeschaut ! Damit kann man die Welt
einigermassen stabilisieren. Die eigenen Haende sind zum Beispiel gut
geeignet als Ausgangspunkt, weil man die meistens bei sich hat :-)
Oft hilft es auch, einfach mal loszulaufen, dann aendert sich naemlich auch
die Umgebung, und die Gefahr des Fixierens ist geringer. Das ist meine
bevorzugte Methode, um mich in der luziden Welt zu halten.
Eine weitere Moeglichkeit ist es, irgendwelche Gegenstaende kurz (!) zu
beruehren, das ergibt auch einen engeren Kontakt zur Traumwelt und somit
eine Stabilisierung.

Luzide Träume 3

Ausloesen luzider Traeume
Es gibt diesbezueglich unzaehlige Techniken (siehe [4]), aber meiner Erfahrung
nach sind nur drei Dinge wirklich notwendig, um luzide Traeume zu haben:
1. Gute Traumerinnerung. Obwohl das vordergruendig nicht direkt mit luziden
Traeumen zu tun hat, ist es eine notwendige Voraussetzung fuer luzide Traeume,
wie jeder Praktiker bestaetigen wird.
Zu diesem Zweck fuehrt man am besten ein Traumtagebuch, wo man morgens recht
bald nach dem Aufwachen (die Erinnerung geht sonst sehr schnell verloren)
Stichworte aller Traeume, an die man sich erinnert, eintraegt. Nicht
verzweifeln, wenn man sich mal an nichts erinnert. Wenn man taeglich seine
Eintragungen macht, steigert sich das Erinnerungsvermoegen erstaunlich
schnell.
2. Ernstnehmen der Traeume. Das bedeutet, sich wirklich regelmaessig mit ihnen
auseinanderzusetzen und Traeume als eigenstaendige Welt anzuerkennen. Durch
das Fuehren eines Tagebuches wird auch dieser Punkt erfuellt. Wenn man
Punkt 1 dann einmal einigermassen geschafft hat, genuegt es auch, nur noch
die luziden oder sonstige aussergewoehnliche Phasen zu notieren, *wenn* man
sich weiterhin staendig in irgendeiner Form mit den Traumwelten
auseinandersetzt.
3. Ausreichend Schlaf ! Das sagt jedenfalls meine Erfahrung. Fast alle meine
luziden Phasen traten morgens auf, nachdem ich schon mindestens 7 Stunden
geschlafen hatte. Je laenger, um so besser und um so wahrscheinlicher eine
luzidePhase. Waehrend den echten Erholungsphasen, wo der Koerper den Schlaf
braucht, ist an luzide Traeume kaum zu denken. Erst wenn das Bewusstsein
(oder wer auch immer) in die Uebergangs-Phase zwischen Wachsein und Schlafen
eintritt, wird es interessant. Man kann sich auch mittags oder nachmittags
fuer 2 Stunden hinlegen, da ist es manchmal moeglich, direkt in einen LT
einzutauchen. Die Traum-Qualitaet ist dann aber meistens etwas chaotischer
als bei LT's, die am Ende der Nachtruhe auftreten.
Sind diese drei Dinge erfuellt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich
luzide Phasen einstellen. Es gibt natuerlich auch Techniken, um LT's jederzeit
aus dem Wachzustand heraus auszuloesen, aber ich habe noch keine praktische
Erfahrung damit, deswegen darueber nichts...
Also gut, die drei Punkte sind erfuellt, wie loese ich jetzt konkret LT's aus?
Gewoehnlich gar nicht ! Sie kommen normalerweise einfach so, ohne konkreten
Grund. Mitten in einem gewoehnlichen Traum weiss man auf einmal, dass man
traeumt und wird luzid. Ganz selten ist es ein merkwuerdiges Ereignis im
Traum, das einen 'aufweckt'. Im Traum erscheinen solche 'merkwuerdigen
Ereignisse' naemlich dummerweise als durchaus normal, da das Gehirn oder was
auch immer einfach anders arbeitet, ein anderes Denken herrscht vor. Deshalb
halte ich nicht viel davon, sich im Wachzustand jede Stunde zu fragen, ob man
traeumt, in der Hoffnung, dass der Traumkoerper das dann auch macht und luzid
wird (das ist eine der Techniken, um LT's auszuloesen).
Es gibt allerdings eine Situation, in der man LT's relativ leicht bewusst
ausloesen kann: wenn man morgens im Borderland-Zustand aufwacht, kann man oft
einen luziden Traum bewusst ausloesen, denn da ist das Koerpergefuehl noch weg
und ein Austritt faellt relativ leicht. Bisher habe ich zwei Moeglichkeiten
erfolgreich ausprobiert, um das vom Borderland aus zu schaffen (man sollte das
recht schnell nach dem Aufwachen versuchen, und den physischen Koerper dabei
nicht bewegen, dann hat man groessere Erfolgsaussichten !) :
a) Rausdrehen des Traumkoerpers:
man dreht in Gedanken seinen Traumkoerper aus dem physischen Koerper, der
total ruhig bleiben muss, raus, laesst ihn zB aus dem Bett springen. Das
hoert sich sehr abstrakt an, aber in der konkreten Situation hat man oft
ein sehr deutliches Koerpergefuehl des Traumkoerpers, und oft ist durch
Hin-und-Herbewegen ein Austritt (also Abtrennung vom physischen Koerper)
moeglich. Seitliches Rausdrehen funktioniert bei mir am besten. Meistens
landet man dann irgendwo auf dem Boden seines Zimmers. Oft ist die Sicht
anfangs sehr schlecht, man sollte dann so schnell wie moeglich versuchen,
ins Freie zu gelangen (Tip: Rollaeden sind in diesem Zustand durchlaessig),
warum genau ist mir auch nicht klar, aber es hilft einfach. Das Duemmste
ist, aufs eigene Bett zu starren, denn normalerweise liegt niemand drin,
sprich man hat sich in eine andere Welt katapultiert. Das fuehrt zu
ziemlicher Verwirrung, und man bekommt Probleme, sich in der neuen Welt zu
halten. Solange ich in der Naehe meines Ausgangspunkts (meines Zimmers)
war, habe ich auch oft einen starken Sog gespuert, der mich quasi ins Bett
zurueckziehen wollte. Also: so schnell wie moeglich raus aus dem Zimmer,
wenn man diese Technik anwendet. Bei der folgenden Technik ist das egal...
b) Imaginieren:
Augen zu und eine bekannte Szenerie (am besten draussen vor dem eigenen Haus)
so deutlich wie moeglich imaginieren. Das Reinspringen geschieht dann fast
von selbst. Man findet sich auf einmal samt Traumkoerper genau in der Szene
wieder und kann von dort starten. Einfach ausprobieren und den *Koerper*
die Technik lernen lassen, es gibt dabei nicht viel zu verstehen.
Fuer beide Techniken ist es notwendig, schon ein gewisses Gefuehl fuer die
Bewegungen des Traumkoerpers zu haben. Einfach mal im Borderland-Zustand
experimentieren, ist gar nicht so schwer. Man muss sich nur daran gewoehnen,
den Traumkoerper durch Gedankenkraft zu bewegen.

Luzide Träume 2

Maechtigkeit des luziden Zustands
Die Handlungsmoeglichkeiten im luziden Zustand sind nahezu unbegrenzt.
Es gilt hier der Satz von John Lilly:
'Im Bereich des Geistes ist das wahr oder wird wahr, was man fuer
wahr haelt, und zwar innerhalb von Grenzen, die empirisch und experimentell
feststellbar sind. Diese Grenzen sind zukuenftige Ueberzeugungen, die
transzendiert werden muessen. Im Bereich des Geistes gibt es keine Grenzen.'
Diese Aussage kann man sich selbst im luziden Zustand bestaetigen. Man kann
die luzide Welt nach seinem Willen/Gedanken formen, Gott in seiner Welt
spielen, wenn man will (ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt). In
jedem Fall kann man in den Traumwelten die Kraft der Gedanken erkennen...

Luzide Träume 1

Motivation dieses Textes
Diesen Text habe ich erstellt, um Leuten, die an luziden Traeumen
interessiert sind, meine bisherigen Erfahrungen damit zu vermitteln. Er
enthaelt ausschliesslich Techniken, die von mir selbst oder Freunden
erfolgreich erprobt wurden und ist deshalb relativ persoenlich gehalten.
In gewisser Weise ist dieser Text also ein Erlebnisbericht. Einzige Ausnahme
ist Kapitel 6. Natuerlich sind meine eigenen Erfahrungen nicht komplett verallgemeinerbar,
aber sie werden sicher dem einen oder anderen helfen, sich schneller in
der anfangs ungewohnten Traumwelt zurechtzufinden.
Wozu luzide Traeume ?
Was sind luzide Traeume ? In solchen Traeumen ist man sich bewusst, dass man
traeumt, man wacht aber trotzdem nicht auf. Das bedeutet, dass man seinen
Traum bis zu einem gewissen Grad selbst steuern oder als bewusster Beobachter
im Hintergrund verfolgen kann. Wozu kann das gut sein ?
Nun, man lernt andere Welten als die Alltagswelt bewusst wahrzunehmen, allein
das ist schon sehr interessant, denn in den Traumwelten gelten voellig
andere Regeln, wie wir noch sehen werden. Ausserdem sind Traeume natuerlich
ein Tor zu unserem Unbewussten, das bedeutet, man steht waehrend eines Traumes
in relativ direktem Kontakt zu seinem Inneren. Wenn man in einem solchen
Zustand luzid wird, kann man seine Innenwelt also gut erforschen. Das sind
fuer mich die zwei Hauptgruende, mit luziden Traeumen zu experimentieren.
Eine Liste interessanter Traum-Experimente findet sich in [4]. Der Sinn des
vorliegenden Textes besteht eher darin, das Know-How zu liefern, um ausgedehnte
luzide Phasen haben zu koennen.

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Träumen - eine biologische Notwendigkeit

„Wer nicht träumen kann, muß sterben,“ so der Titel eines
Aufsatzes in der Zeitschrift STERN. Durch ständiges Wecken
hinderte man eine Versuchsperson, 14 Nächte hindurch zu
träumen. Folge: Ein friedlicher Charakter wandelte sich zu einer
enthemmten, feindseligen Natur, strotzend vor asozialen
Gelüsten. Die Traumexperimente mußten abgebrochen werden,
andernfalls wäre die VP „psychologisch völlig
zusammengebrochen und letztlich wohl an Traumlosigkeit
gestorben“, wie der Versuchsleiter Prof. Wiliam C. Dement,
Universität Chicago, nachdrücklich betonte. Ohne Träume
würden wir „hilflos desorientiert erwachen und nach gewisser
Zeit möglicherweise überhaupt nicht wieder zum Bewußtsein
durchkommen“.
So scheint beim Gewohnheitssäufer das Traumleben gestört zu
sein. Anstelle des Traumes tritt als unerwünschte
Ersatzhandlung die Halluzination.
Demzufolge träumt also jeder Mensch, auch diejenigen, die
behaupten, noch nie geträumt zu haben; andernfalls erginge es
ihnen, wie Prof. Dernent feststellt, übel.
Ist Träumen Denken in anderer Form?
Kein wacher Augenblick, in dem die Gedankentätigkeit ruht.
Unentwegt wogt der Strom der Gedanken. - Setzt sich dieser
auch im Schlafe fort? Gestalten sich bei abgeblendetem
Bewußtsein die dahineilenden Gedanken zu Bildern, zu
Abläufen dramatischer Handlungen? Im Sinne des bekannten
Ausspruchs: Im Traum ist jeder Mensch ein Shakespeare.
Das Dramatische ist die Urform der Darstellung. Zwiesprache,
Dialog ist fruchtbares Gestalten. Das Unbewußte „denkt“ in
Bildern. Daher „bildert“ auch der Traum; daher auch die
Bilderschrift als ursprünglichstes Ausdrucksmittel sich bleibend
mitzuteilen.
Mein Erwachen, wie immer auch, bedeutet stets das Ende
eines Traumes; und umgekehrt, ehe das Wachbewußtsein
allmählich versinkt, zeigen sich mir die ersten Traumbilder. Und
Bilder wehen fort, sobald der Schlaf entflieht. Sie erlöschen erst,
wenn das Tagesdenken voll in seine Rechte tritt.
Dank eines Zufalls gelang es dem Assistenten der Chicagoer
Universität Eugen Aserinski nachzuweisen, daß ein
Schlafender träumt. Er entdeckte nämlich, wie der Träumende
hinter geschlossenen Lidern die Augen bewegte: Der sogenannte
REM-Schlaf. (REIM = Rapid Eye Movement = rasche
Augenbewegungen) Diese Entdeckung ermöglicht es der
Wissenschaft zu ermitteln, wann ein Schläfer träumt.
Großversuche entrissen auf diese Weise dem Traum so
manches seiner Geheimnisse; wobei früher Entdecktes
wiederholt in Frage gestellt wurde. So soll sich aus dieser Sicht
Freuds Königsweg zum Unbewußten (eben der Traum) als
Sackgasse entpuppt haben. Wieder einmal ist der (Großpionier,
der als erster Wissenschaftler den kühnen Versuch gewagt hatte,
in die Nachtseite der menschlichen Natur vorzustoßen, um den
Traum seiner Masken zu berauben, ins Kreuzfeuer seiner
Nachfolger geraten. Professor Dement, im Traum keinen
Wunscherfüller im Freudschen Sinne erblickend, spricht von
„irgendeinem Buchhalter ... der Gewinne und Verluste
registriert!“ Wofür es ein gerüttelt Maß an Beweisen geben soll.
Stets sind es jedenfalls die Tiefen des Unbewußten, in die wir
hinabtauchen müssen. Oder wie Daqué vor einigen Jahrzehnten
schon schrieb, Achelis zitierend: „Die Erschließung des
menschlichen Bewußtseins läßt erkennen, daß das Unbewußte in
uns gewissermaßen der große Vorhof ist, auf den die andere, die
übergeordnete Natur sich immerzu zum Vorstoß in die
diesseitige, die bewußte sammelt.“ (Das verlorene Paradies)
Zurück noch einmal zum REM-Schlaf. Er wirft noch ein
zweites Problem auf, und zwar hinsichtlich der Tierseele, deren
Existenz damit um so überzeugender ist. „Daß Tiere im Schlaf
auch träumen, darf heute mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit angenommen werden,“ schreibt Heini
Hediger im TAGESSPIEGEL vom 1. Mai 1986. „Schon 1963
konnte E. Hartmann bei einigen Tieren REM-Phänomene
nachweisen. Solche „rapid/-eye/movements“ (schnelle
Augenbewegungen) sind ein sicheres Indiz für Traumphasen."
Übrigens, daß Tiere träumen, davon war schon Jahrzehnte
vorher der berühmte Chirurg Carl Ludwig Schleich überzeugt;
ja er sprach ihnen sogar ein gewisses Maß an Phantasie zu, das
ihnen gestattet, „ihre Vorstellungen durch Gesten,
Schwanzwedeln, Pfotenbitten ... zum Ausdruck zu bringen.“
Drängt sich nicht da unwillkürlich die Frage auf (die auf uns
bezogen ja nicht minder gilt): Wer oder was nimmt im
träumenden Tier das Traumgesicht wahr? Wie überhaupt auch
jeden im Wachen empfangenen Sinneseindruck? Bei uns, beim
Menschen, so glaubt man wenigstens, ist dies bekannt.
Eine Binsenweisheit. Das durch das Auge vermöge des
Sehnerv weitergeleitete Bild gelangt zum Sehzentrum, der durch
das Ohr vermittelte akustische Reiz eilt zum Hörzentrum, und so
ist es mit allen Eindrücken. Alles das aber erfüllt nur dann
seinen Zweck, wenn es von einer übergeordneten Zentralstelle
registriert wird. Von uns, von unserem Ichbewußtsein
selbstverständlich, sagen wir. Ist es wirklich so
selbstverständlich? Oder haben wir es hier bereits mit einem
nicht mehr der physischen Dingwelt angehörenden Prinzip zu
tun? Ein Prinzip, das Schleich sicherlich im Sinne hatte, als er
die tiefgründigen Worte niederschrieb:

Carl Ludwig Schleich: Gedankenmacht und Hysterie
„Auf den feinsten Nervensaiten
spielt ein Spielmann sein Gedicht,
wohl siehst du die Finger gleiten,
doch den Spielmann siehst du nicht.“

Und dieser „Spielmann“ ist nicht mehr von dieser Körperwelt,
wohl aber der Dirigent aus höherem Daseinsplane, der alles
lenkt und leitet, im Körperlichen wie im Geistigen.
Und beim Tier? Vermitteln nicht auch hier Sinnesorgane und
Nervenleitungen den jeweiligen Hirnzentren die empfangenen
Eindrücke? Aber wer ist hier der Empfänger? Auch ein
„Spielmann“? Niederen Grades vielleicht, jedenfalls aber ein
Prinzip, das gleich unserem „Spielmann“ die Eindrücke der
Sinnenwelt aufnimmt, ja das sogar Pferden und Hunden
Rechnen und Buchstabieren beibrachte und Affen die
Taubstummensprache,3 und das gleicherweise im
UNBEWUSSTEN wurzelt, somit auch dem Traumreich
verbunden ist. Träumen demzufolge auch beim Tier, beim
höheren zumindest, eine biologische Notwendigkeit.
Letzten Grundes schöpfen wir alle aus gleicher Quelle, wir und
das Tier, Menschenseeie wie Tierseele.

Freitag, 16. November 2007

Träume im Wach und Schlaf

Wenn wir uns fragen, wo im Leben im allgemeinen ge-
träumt wird, so könnten wir als erstes sagen: im Schlaf.
Woher die deutschen Wörter »Schlaf« und »schlafen« kom-
men und was sie bedeuten, weiß ich nicht genau. Ich ver-
suche aber immer, mir diese Wörter und Begriffe in einer -
wie ich sie nenne - Ursprache vor Augen zu stellen, nämlich
dem Hebräischen. Dadurch sehen wir etwas klarer, die
Erkenntnis kommt uns näher, weil wir dann in eine ganz
andere Denkart hineinkommen. Sprache läßt zu gleicher
Zeit denken, wenn wir wissen, was wir sagen.
Das Wort »schlafen« ist in der hebräischen Sprache ein
ganz merkwürdiges Wort. Es enthält nämlich den Begriff
des Doppelten, das Wiederholen, das Sichändern, also: eine
Situation und eine andere. So sagt es etwas von diesem
Zustand, das im deutschen Wort »schlafen« überhaupt nicht
zum Ausdruck kommt. Wenn »schlafen« gewöhnlich ge-
braucht wird im Sinn von »ausgeschaltet von unserem Be-
wußtsein«, so sagt das Wort »Schlaf« in der Ursprache im
Gegenteil: doppelt, und: Es wiederholt sich etwas, es ändert
sich etwas, es ist eine Bewegung da. Ich habe über das Wort
»schlafen« schon einmal in der »Rolle Esther« geschrieben;
im Zusammenhang mit der Rose, der Schoschana, habe ich
auf den Begriff Schlaf hingewiesen und das Sichändern.
Wir sehen an diesem Wort, daß die Schlafwelt eine ganz
wichtige Welt ist, vielleicht sogar wichtiger als die Welt des
Wachens. In der Schlafwelt geschieht es, daß zwei Dinge
irgendwie zusammen sind; eines ist schon da, und das an-
dere kommt auch: Es wiederholt sich. Was wiederholt sich?
Manche Menschen glauben, was wir während des Tages
erleben, wiederholt sich im Schlaf. Wir müssen prüfen, ob
das in der Sprache auch so enthalten ist. Die Sprache sagt ja
die Dinge, wie sie sind ohne unser Zutun. Wir machen nicht
Sprache, sondern Sprache entsteht bei uns; wir wissen nicht,
woher sie kommt. Wenn wir also in der Sprache etwas
sagen, müssen wir uns fragen: Woher kommt es, daß wir es
auf diese Art ausdrücken?
Wie sieht es nun mit dem Wachsein aus? Im Hebräischen
hängt dieses Wort mit dem Wort »Haut« zusammen. Die
Haut begrenzt uns, schränkt uns ein, legt uns fest auf den
Ort und den Moment, wo wir sind. Die Haut macht aus uns
ein zeiträumliches Wesen. Das Wachsein hat also mit der
Haut zu tun. Wir glauben immer, nur wenn wir wach sind,
sind wir bei vollem Bewußtsein und ganz gescheit, während
wir uns im Schlaf für ganz dumm und bewußtlos halten.
Vom Menschen wird gesagt, er habe wie ein Widerspruch
zwei Seiten in sich. Von der einen Seite sagt man, daß sie
jenseits der Spaltung ist, jenseits dessen, was auf das Zeit-
räumliche festlegt. Man könnte diese Seite eine zweite
Wirklichkeit nennen, eine andere Dimension. Dort, sagt
man, ist der Mensch umhüllt von dem, was man »or« nennt,
»Licht«. Man meint nun nicht, daß er Licht um sich herum
hat, wie wir Licht sehen, sondern es bedeutet: In diesem
Zustand kann er durch Zeit und Raum hindurchleben. Er ist
weder festgenagelt an einen bestimmten Moment noch an
einen bestimmten Ort. Er kann sich frei durch alles hin-
durchbewegen; es gibt keine Schranken. Dennoch bleibt er
immer er selbst. Er ist immer diese Person, dieses »Ich«,
könnte man sogar sagen. Er ist zu gleicher Zeit hier und dort
und lebt beide Situationen in einem. Es ist nicht notwendig,
daß er die eine aufgibt, um die andere zu erleben - und nicht
nur eine, sondern viele andere gleichzeitig.
Auch Zeit, so wird in den alten Mitteilungen erzählt, ist
unwichtig dort, spielt gar keine Rolle. Im Sekundenbruch-
teil kann da Zeit plötzlich um tausend Jahre zurückgehen
oder tausend Jahre weiter — ohne Schwierigkeiten geht das.
All dies will sagen: Der Mensch ist nicht abhängig von
Grenzen. Er kann sich begrenzen, wenn er will, und kann
auch völlig unbegrenzt sein - je nachdem. Man sagt deshalb,
wenn die Umhüllung von Licht um ihn herum ist, dann ist
er dem Gesetz von Ursache und Wirkung, der Kausalität,
nicht unterworfen. Er ist akausal, ist frei.
Das ist es, was man das »Kleid des Menschen im Licht«
nennt. Man kann es nicht darstellen. Es ist ein Erlebnis, das
kein Bild hat. Das ist die eine Seite im Menschen.
Die andere Seite wird immer mit dem identifiziert, wovon
man sagt: Er nimmt von der Frucht, vom Baum der Er-
kenntnis. Es bedeutet nicht, daß er ein böser Mensch ist; es
bedeutet: Das ist in ihm, daß er das tue. Das Nehmen vom
Baum der Erkenntnis gehört zum Bauplan der Welt. Er muß
nehmen - das ist die Welt. Er ist dann nicht schlechter als
vorher. Es ist seine Bestimmung, daß er das tut, denn mit
dem Nehmen vom Baum der Erkenntnis, wird gesagt, fängt
für den Menschen der Weg an, die Bewegung. Er fängt an,
sich zu entwickeln, er wächst. Wenn der Weg anfängt,
spricht man von der Seite des Lebens, wo das Werden ist.
Beim Werden kommt Phase nach Phase. Keine Phase
verharrt, denn es ist wie ein Strom, der fließt und nicht
erstarren kann. Er fließt immer, kein Teil einer Sekunde
bleibt, alles geht weiter. Das bedeutet: Jeder Moment ist nur
für sich da, und alles andere ist ihm fremd. Der Moment
»Jetzt« kann sagen: Der vergangene Moment ist mir fremd
und der zukünftige Moment ist mir fremd. Der Moment
»Jetzt« grenzt sich ab von Vergangenheit und Zukunft.
Wenn der Mensch so ist, sagt man, kommt ihm wiederum
»or« - genauso ausgesprochen wie das Wort für Licht, aber
anders geschrieben, und dann heißt es »Haut«. Es kommt
also das, was ihn begrenzt, einschränkt, auch einengt. Mit
dieser Enge kommt dann auch die Angst. Er wird ängstlich,
weil er begrenzt ist. Er hat Angst vor der Vergangenheit, sie
bedrückt ihn, läuft ihm nach. Er hat Angst vor der Zukunft,
er weiß nicht, was sie bringen wird. Er hat Angst vor seinem
Nächsten, er weiß nicht, was er von ihm denkt. Er bekommt
Beziehungswahn oder Verfolgungswahn, alle Arten von
Wahn. Jeder Mensch bekommt das. Manche halten es für
normal, andere nennen es abnormal. Wo ist die Norm?
Die Haut jedenfalls begrenzt ihn und bringt ihm Angst,
Enge. Nun ist es merkwürdig, daß im Hebräischen das
Wort »Wachsein« aus derselben Wurzel, aus demselben
Stamm kommt wie das Wort »Haut«. Wachsein heißt auch:
Jetzt öffnen sich uns die Augen, und dann sind wir tatsäch-
lich beschränkt auf unser Gesichtsfeld und auf den Ort, wo
wir jetzt eben stehen. »Ich bin wach und bewußt« heißt
soviel wie »Ich stehe hier«; zu sagen: »Aber ich träume, ich
stehe woanders«, hieße eigentlich die Augen schließen, auf-
hören zu reden.
Das Wachsein bringt die Kausalität mit sich, die Welt, in
der Ursache und Wirkung herrschen, also Beschränkung.
Ich kann nicht etwas loslassen, ohne daß es, wenn es schwer
ist, fällt. Auch wenn ich wünsche, daß es aufsteigt - nein, es
fällt. Durch die Ursache, das Loslassen, fällt es. Das ist im
Wachsein eine Selbstverständlichkeit.
Stellen wir uns nun Wachsein und Schlafen im Sinn der
alten Mitteilungen vor, so sehen wir, daß das Erleben wäh-
rend des Tages ein anderes ist als das Erleben während der
Nacht. Dennoch gehört beides zum Menschen. Es ist nicht
ein Mensch, der wach ist, und ein anderer, der schläft;
beides ist immer im Menschen da. Daher wird es im alten
Wissen als selbstverständlich empfunden, daß man, wie wir
heute sagen würden, phantasiert, einen Roman schreibt
oder wie Dante die »Göttliche Komödie«. Es ist ja nicht so,
daß Dante glauben machen will, er sei in der Hölle gewesen
und hätte das so gesehen, wie er es da beschreibt. Er setzt
natürlich voraus, daß jeder weiß, daß er das phantasiert,
geträumt hat, sozusagen. Dennoch ist es Wahrheit, viel
mehr Wahrheit, als wenn er gesagt hätte: Ich bin in die Hölle
gefahren und habe mir das angesehen.
Viele Mitteilungen dieser Art werden im alten Wissen
selbstverständlich akzeptiert. Es heißt dann, das habe der
Mensch geträumt. Man meint nicht: im Schlaf geträumt,
sondern: Er war wach und hat es erlebt. Im Wachen kann der
Mensch also träumen. So kann er auch im Schlaf Dinge und
Vorgänge aus der Welt des Wachens erleben. Beides ist im
Menschen da. Nur muß auch der Schlafzustand, hebräisch
»schena«, beim Menschen sein, wodurch er beides erleben
kann. Ist er nämlich nur wach, dann kann er nur die Kausali-
tät erleben, die Welt der Gesetzmäßigkeiten, die Welt, in der
Ursache und Wirkung herrschen. Dort sind Gesetze not-
wendig; und dort muß man den Gesetzen auch gehorchen.
Man kann sich ihnen nicht entziehen. Das geht nicht.
Vielleicht sind diese beiden Seiten nun deutlich gewor-
den: das Wachsein mit »or« als Haut und das Schlafen mit
»or« als Licht.
Im Traum kann der Mensch sich nach allen Seiten hin
bewegen. Allerdings unterscheidet man Träume, die doch
mehr dem Wachsein angehören, von Träumen, die der
eigentlichen Welt des Schlafes entstammen. Gefragt wird
immer: Wovon träumt er, was sind die Erscheinungen in
seinem Traum? Haben sie mit seinem Wachzustand zu tun,
oder sind sie ganz anders? Davon wird später noch viel die
Rede sein.
Ich möchte jetzt noch von den Wörtern »Traum« und
»träumen« sprechen, die im Hebräischen in dem Wort »cha-
lom« erscheinen. Bei diesem in vieler Hinsicht sehr merk-
würdigen Begriff möchte ich etwas verweilen. Die Urspra-
che, das Hebräische, kennt - im Gegensatz zu allen späteren
Sprachen - keinen Unterschied zwischen der Kausalität der
Reihenfolge (der Sequenz) in der Entwicklung der Begriffe
und derselben Entwicklung in dem, was man Porportionen
(Verhältnisse) nennt. Die Ursprache drückt die Entwick-
lung in exakter Form aus, so exakt, daß sie in Zahlen darge-
stellt werden kann. Die Reihenfolge »eins — zwei — drei —
vier« ist logisch, so können wir die Entwicklung darstellen.
Bei »eins - fünf - drei - sieben - vier« dagegen sagen wir:
Ich sehe da keine Logik, keine Entwicklung, was bedeutet
das?
Die Zeichen, die Buchstaben der Ursprache also, die das
Sprechen, Denken, Lesen, Verstehen und Hören ermögli-
chen und bewirken, haben auch einen Ausdruck im Quanti-
tativen. Entsprechend kann man das Wort »chalom«,
Traum, auch 8-30-6-40 schreiben; die Summe ergibt dann
den äußeren Wert 84. Der sogenannte »volle Wert« dieses
Wortes ergibt sich, wenn die äußeren Werte der Namen
aller Laute von »chalom« addiert werden: 584. Ziehen wir
nun vom vollen Wert den äußeren Wert ab, erhalten wir den
»verborgenen Wert« des Begriffes, der in unserem Fall ge-
nau 500 ist. Das Wort für Traum hat also den verborgenen
Wert 500.
Diese Zahl ist sehr merkwürdig. Die 500, so sagt die
Überlieferung, ist jenseits aller Begriffe der erscheinenden
Welt. Die Welt kann nur bis einschließlich 400 gemessen
werden. 500 durchbricht das Hier; 500 ist dasjenige, was
auch die Distanz zwischen Himmel und Erde genannt wird,
also die Distanz zwischen den zwei einander widerspre-
chenden Wirklichkeiten. 500 ist der Umfang des Baumes
des Lebens. Man sagt dann auch, 500 ist all das, was hier
nicht mehr zu erfassen ist.
Aus der Sprache selbst, ohne daß der Mensch etwas dazu-
getan hat, kommt die 500 als verborgener Wert des Begriffes
»Traum«. Die Sprache selbst sagt also schon: Wenn du
träumst, bist du in einer Welt, die du von hier aus nicht
erfassen kannst. Und doch ist eine Verbindung da, denn — so
wird gesagt - Himmel und Erde werden durch den Begriff
500 verbunden.
Für diese Welt und den ganzen Kosmos gilt als Maß die
400. Das Unendliche ist 400, also sozusagen noch zu mes-
sen. Die 500 aber ist ein Durchbruch durch das Meßbare, es
kommt dann etwas ganz anderes. Die Sprache enthält das
und sagt so: Wenn du träumst, dann gibt es keine Trennung
mehr zwischen Himmel und Erde, zwischen deiner Wirk-
lichkeit in der Umhüllung des Lichtes und deiner Wirklich-
keit in der Umhüllung deiner Haut. Beide sind dann eins.
Du bist dann in deiner Haut da und auch mit dem Himmel
verbunden. Du mußt also gar nicht deine Haut verlassen, du
erscheinst in dieser Haut, aber sie ist dann so hauchdünn
und durchlässig, daß du ohne weiteres hin- und zurück-
gehst.
Ein Prophet wird oft ein Träumer genannt, einer, der
Traumgesichte sieht. Man meint damit nicht, wie in der
westlichen Leistungsgesellschaft in der Regel zu hören:
»Der leistet nichts, der träumt!« Träumer dort heißt: Er ist
nicht gebunden an das Sem in der Haut, er hat die Verbin-
dung 500. Er kann durchbrechen - die Haut hindert nicht -
und erfüllt in der Umhüllung des Lichts die ganze Welt.
Nicht im Sinn unserer Maßstäbe von Zeit und Raum, auch
nicht im Unendlichen, sondern im Sinn des ganz anderen,
wo unsere Maßstäbe nicht mehr gelten.
Träumen geschieht, wie sich zeigt, im Schlaf oder wenn
beim Menschen etwas stattfindet, das im Begriff »Schlaf« in
der Ursprache als »doppelt« erscheint. Man könnte also
sagen, daß der Mensch träumt, wenn er »das Doppelte« in
sich erlebt, beide Wirklichkeiten (und dann nicht denkt:
»Jetzt bin ich nicht normal«). Nicht normal ist er vielmehr
eben dann, wenn er diese beiden Wirklichkeiten trennt!
Wenn er glaubt, er lebe entweder so oder so, dann - sagt
man - ist er krank. Er hat die Verbindung verloren.
Viele glauben, sie seien nur normal, wenn sie wach sind
und aus wachem Bewußtsein denken, sprechen und han-
deln. Die Überlieferung aber sieht gerade darin das Nicht-
normale. Wer so denkt, von dem heißt es, daß er als Mensch
nicht funktionieren kann, denn er hat die andere Wirklich-
keit bei sich getötet, erstickt, still gemacht. Er ist dann nur
ein halber Mensch. In meinem Esther-Buch habe ich von
diesem König Achaschwerosch erzählt, dem König der Me-
der und Perser, der nur ein König der halben Welt ist, nicht
der ganzen. Von ihm wird auch gesagt, daß er der König des
halben Menschen ist, nicht des ganzen.
Das gleiche aber gilt auch vom Mystiker, der sagt: »Ich
versenke mich nur in Mystik, alles andere ist mir nicht so
wichtig.« Der ist auch nur ein halber Mensch, denn wozu ist
dann »alles andere«, diese Welt und diese Wirklichkeit?
Viele sagen auch: Das sind zwei Dinge, die man gut ausein-
anderhalten muß wie Geschäft und Privatleben, Alltag und
Ferien. Manchmal komme ich in Meditation und bin dann
sehr gesammelt und in einer höheren Welt; dann wieder
mache ich gute Geschäfte, gönne mir Luxus und bin auch
sehr zufrieden dabei, nämlich wieder »normal«. - So aber
geht es nicht, die Einheit fehlt, es ist eine Trennung da. Eine
störende Unehrlichkeit, die so tut, als sei der Genuß der
»höheren Sphären« am Festtag, was im Alltag als gelungener
Geschäftsabschluß befriedigt.
Das Heilige und das In-der-Welt-Sein ist aber eins. Diese
Einheit zeigt sich beim Menschen als Schwingung einer
Wellenbewegung; er geht mit dem rechten und dann mit
dem linken Bein - eine Wellenbewegung. So gleichen Träu-
men und Wachsein, Freiheit im Licht und Enge in der Haut,
dem Wellenberg und dem Wellental, dem linken und dem
rechten Bein. Beide sind immer da, um den Weg, die Bewe-
gung möglich zu machen.
Wir neigen oft zu raschem Urteilen, zum Beispiel, daß
diese Zeit schlecht sei, weil zu wach, weil die Leistung und
das Materielle überbetont werde. Das stimmt schon, aber es
führt dann eben auch zu ganz anderen Phänomenen, man
erlebt die Dinge ganz anders. Man muß sich hüten, zu sagen
oder zu denken, das sei nicht gut. So wie es ist, ist es immer
gut. Man kann das gar nicht beurteilen.
Es ist in unserer Gesellschaft »normal«, zwischen Dich-
tung und Wahrheit zu unterscheiden. Ein Prophet ist ein
Träumer, Dante ein Phantast, eben ein Dichter, während
Wahrheit mit so etwas wie Industrie und Volkswirtschaft
gleichgesetzt wird. Diese Trennung von Dichtung und
Wahrheit spaltet den Menschen, macht ihn zum halben
Menschen. Ein Mensch, der nicht mehr imstande ist, sich
Dinge vorzustellen und zu erleben, die von der ganz an-
deren Wirklichkeit herkommen, aber auch derjenige, der
das konkrete Leben des Wachseins mit seiner Enge nicht
akzeptiert - jeder ist auf seine Art ein verkümmerter
Mensch.
Jetzt verstehen Sie, daß das hebräische Wort »schena«,
Schlaf, den Begriff des Doppelten enthält; es wird auch als
Wurzel des Begriffes »schoschana« (Susanna) gesehen.
»Schoschana« ist »Rose«, aber Rose ist hier als Grundbe-
griff der Blume überhaupt gemeint: die Blume an sich. Das
Schöne an der Blume ist, daß sie nicht nur schöne Farben
und Blätter hat, sondern auch einen Duft. Es ist also nicht
nur das Aussehen, sondern auch das Unsichtbare - beide
Welten sind da. Es heißt daher: Wenn du die Blume siehst
als anziehende, verführerische Erscheinung und zugleich
den herrlich betörenden Duft wahrnimmst, erlebst du bei-
des in einem. Die »Rose«, die Blume, enthält das gleiche wie
»Schlaf«: den Begriff des Doppelten.
Die Sprache, das ist wohl deutlich geworden, erzählt uns
Geheimnisse, die niemals von Menschen oder Kommissio-
nen erfunden oder beschlossen worden sein können. Sie
kommt vielmehr aus dem Menschen hervor. Was aber von
selbst aus dem Menschen kommt, ist Wahrheit. Es kommt
eben aus seiner anderen Seite, wo es als Doppeltes steht.
Wenn der Mensch denkt, ist er einseitig, denn Denken,
Erklären, Beweisen sollen kausal sein, und Kausalität ist
einseitig. Ein Beweis ist daher immer etwas sehr Gefährli-
ches, da man sehr oft und unvermutet Falsches beweist,
jedenfalls Einseitiges.
Wir sollten uns von dem Zwang kausaler Erklärungen frei
machen und sagen: Es ist so, ich empfinde, spüre es so, weil
es eben nicht nur das Äußere gibt, sondern auch das andere.
So geschieht es ja auch automatisch, wenn wir einem Men-
schen begegnen. Wir sehen das Äußere und glauben, danach
zu urteilen. Das machen wir uns aber nur vor; wir urteilen
nämlich auch nach ganz anderen Dingen, spüren etwas, das
gar nicht gesehen werden kann. Wir sagen aber: »Der hat
sympathisch gelächelt« - »Die Farbe steht ihr so gut« - »So
geschmackvoll gekleidet«, und glauben, das ist es, wollen es
beweisen, während es doch gar nicht zu beweisen ist. Etwas
ganz anderes war da und wußte gleich: Hier ist Kontakt, der
ist gut, oder: Hier kann ich mich nicht öffnen, ich ziehe
mich zurück. Natürlich kann sich das von Tag zu Tag
ändern; ein festes Gefühl gibt es nicht.
In den Traumerzählungen stoßen wir sehr oft auf mytho-
logische Begriffe. Mythen sind Dichtung, aber auch Pro-
phetie; sie kommen dem Traum sehr nahe. Stadtmenschen
träumen manchmal von drachenähnlichen Ungeheuern,
sehr häufig von Schlangen. Schlangen kommen aber im
alltäglichen Leben in Europa, in Städten gar, überhaupt
nicht vor. Es zeigt sich hier wie in vielen ähnlichen Fällen,
daß mythologische Wesen oder Typen im Menschen selbst
da sind. C. G. Jung zum Beispiel hat solche Typen ausführ-
lich dargestellt.
Ich möchte mythologische Begriffe von einer ganz ande-
ren Seite her darstellen und versuchen, aus den sehr alten
Quellen neues Leben hervorströmen zu lassen. Die Traum-
bilder können uns dann Wichtiges mitteilen, vor allem auch
in unserem Wachsein, wo doch das Doppelte auch da ist.
Wir fragen uns dann vielleicht eher: Warum habe ich jetzt
diese Phantasie?
Phantasie steht in der heutigen Zeit nicht sehr hoch im
Kurs. Kinder sollen nicht phantasieren, sondern rechnen
lernen. Im Hebräischen ist »rechnen« und »denken« das
gleiche Wort: kausal funktionieren. Gewiß, man muß auch
kausal funktionieren. Wird es aber überbetont oder gar
ausschließlich gefordert, entsteht eine schreckliche Lange-
weile, weil alles gebunden wird. Kausalität ist ein Zwang.
Die Menschen führen heute so viele Zwangshandlungen
aus, weil sie soviel denken müssen. Denken Sie doch nur,
woran Sie alles denken müssen, wenn Sie umziehen oder
Ihre Steuererklärung ausfüllen oder Ihren Urlaub vorberei-
ten! So kommen Sie in Zwang, weil alles kaus"Sl ist, und es
öffnet sich nichts im Leben nach einer anderen Seite. Dort
ist vielleicht etwas ganz Reiches da. Wir aber haben oft sogar
Angst vor der anderen Seite. Und wenn einer Phantasien
und Vorstellungen hat, dann heißt es: Holt ihn zurück auf
den Boden der Wirklichkeit, er soll nicht aus der Reihe
tanzen, hoffentlich wird er bald wieder normal! Phantasie
sei krankhaft, und man tut alles, damit er sie verliert. Wo ist
Phantasie krankhaft, und wo ist sie wahr und belebt? Was ist
normal?
Im Hebräischen hat das Wort für Krankheit die gleiche
Wurzel wie das Wort für normal, und das Wort für Gesund-
heit hat die gleiche Wurzel wie das Wort für Schöpfung und
schöpferisch. Norm heißt: gebunden, Zwang. Der Norm
muß man entsprechen. Schöpferisch heißt: Ich durchbreche
ständig den Zustand, ich schöpfe, erschaffe Neues.
Wenn der Mensch also immer nur denkt und gut rechnet,
dann ist er in einem krankhaften Zustand. Ist er schöpfe-
risch, dann empfindet er keinen Zwang, fühlt sich gesund,
ohne darauf bedacht zu sein. Eigentlich geht die Welt des
Zwanges immer vor lauter Langeweile unter. Man denke
nur an die zwanghaften Förmlichkeiten der Konversation
und der Gesellschaftskleidung.
Der Mensch will auch im Wachsein gern frei sein, gern
phantasieren, gern träumen - viel mehr, als wir denken. Da
will er gern, wie auf Chagalls Bildern, eine Figur in der Luft
herumschweben lassen, die eigentlich auf den Boden gehört.
Träumen sollten wir also nicht nur als Nachtgeschehen
sehen.
In der Nacht aber geschieht das Träumen im Schlaf, also
in der Situation des Doppelten. Der Traum wird da gege-
ben, ist also ein wirklicher Traum. Im Wachen wird die
Phantasie immer wieder durch den Zwang der Norm ge-
bändigt. Ich kann nicht so frei phantasieren, wie ich
träume. Ein Künstler allerdings kann es: Künstler sein
heißt: wach träumen.
Wenden wir uns nun dem Traum-Leben zu! Wir können
uns hier am besten anhand einiger Beispiele orientieren.
Ich will versuchen, bei jedem Beispiel eine andere Facette
des Ganzen zu zeigen.
Lassen Sie mich mit der Schlange beginnen. In den alten
Mitteilungen heißt es nicht: »Wenn du von einer Schlange
träumst...«, sondern: »Wenn dir eine Schlange er-
scheint...«. Das bedeutet, sie kann dir sowohl im Traum
und in der Phantasie als auch in Wirklichkeit begegnen;
»die Schlange erscheint dir« meint eben auch die Tatsache,
daß du sie siehst.
Ich erinnere mich an ein Erlebnis in Indonesien. Da hat-
ten unsere Diener eine Schlange im Zimmer entdeckt und
sagten: »Sie werden umziehen!« Ich dachte gleich, das
weiß ich ja schon, denn ich hatte das auch in den alten
Mitteilungen gelesen. Dort wird gesagt: Wenn du einer
Schlange begegnest, bedeutet es, du wirst in ein neues Le-
ben eintreten; es kann ein neues Haus sein, eine neue Le-
bensphase, es kann alles Neue bedeuten, sogar das Gebis-
senwerden und Sterben. Auch das ist eine neue Phase. Du
siedelst um von dieser Welt in eine andere, das ist auch ein
Umziehen.
Die Schlange kommt auch in der Bibel vor, die »Heilige
Schrift« genannt wird, weil sie inspiriert ist. Eine Mittei-
lung sagt, die Bibel wurde von Moses im Traum geschrie-
ben. Wer ist Moses? Als historische Figur ist er nicht zu
finden. Wir müssen diesen Moses wohl in einer anderen
Welt suchen, in einer Welt, die nicht unter dem kausalen
Zwang der Geschichte steht, wo Ursache und Wirkung
herrschen. Historisch nämlich wäre er - ganz einseitig - nur
da und dann nicht mehr da. Einseitig bedeutet ja eine Phase:
»Er war mal und ist wieder verschwunden; vielleicht war er,
vielleicht auch nicht.«
Es wird deshalb von der Bibel gesagt: Das Ganze ist
geträumt. Für den heutigen Menschen heißt das: Es ist nicht
einseitig, historisch als Phase feststellbar, sondern wirklich
im Sinn von »doppelt«. Der verborgene Wert von Traum,
500, verbindet doch Himmel und Erde. Es ist also wahr im
Himmel und auf Erden. Auf beiden Seiten ist es wahr.
Die Schlange nun, die in der Bibel vorkommt, ist eigent-
lich das, was den Menschen dazu bringt, daß er eine Haut
bekommt. Sie kennen die Geschichte »vom Sündenfall«,
wie das theologisch so schön heißt - die Bibel kennt keinen
Sündenfall, nur die Theologie; wenn der Mensch vom Baum
der Erkenntnis genommen hat, sieht er, daß er nackt ist. Er
bekommt dann ein »Fell«, wie es in der Übersetzung heißt;
in der Ursprache steht »or«, »Haut«. Es könnte auch Fell
heißen, Tierfell. Die alten Kommentare sagen auch: Die
Haut des Menschen ist ein Tierfell, er ist sozusagen ein Tier
geworden, er ist begrenzt worden. Jedenfalls bekommt er
diese Haut, und es fängt an, was man den »Weg des Men-
schen« nennt.
Der Mensch beginnt seinen Weg durch sein Leben, durch
die Geschichte, durch die Welten. Es beginnt nun das, was
er als Entwicklung, als Wachstum erfährt, wo er fortwäh-
rend Änderungen erlebt. Stillstand ist unmöglich, der Weg
zwingt zum Weitergehen. Erstarren würde bedeuten, der
Weg ist zu Ende, d. h., eine Seite im Menschenleben ist
ausgeschaltet. Ständig ist das ganze Leben in dieser Gefahr.
Die Schlange bringt den Menschen also auf den Weg. Nun
wird gesagt: Wenn dir eine Schlange erscheint, bedeutet das,
du erlebst den Weg des Menschen. Du erlebst dann auch das
Gesetzmäßige des Weges, denn Weg bedeutet: Ursache -
Wirkung.
Der Weg des Menschen aber, dein Weg - so wird überlie-
fert - gewinnt nur dann Sinn, wenn du auf dem Weg deines
Werdens auch das hast, was man »das Sein« nennt; sonst ist
er eine Qual. Das Sein und das Werden sind beim Menschen
zwei Seiten; sie bedeuten aber das gleiche.
Wenn Gott seinen Namen in der Bibel das erste Mal
nennt, sagt er: »Ich bin, der ich bin«, oder besser übersetzt:
»Ich werde sein, der ich sein werde.« Es ist eine Wiederho-
lung desselben, das Sein und das Werden als etwas Festes. Es
heißt daher vom Menschen im Bilde Gottes, daß das Sein
und das Werden bei ihm sind; das fortwährende Sichändern
geht mit dem Erleben eines unveränderlichen Seins zusam-
men.